Sonntag, 27. April 2014

Haie und kleine Fische




Nightmare – eine Vorstellung, die das Blut in den Adern gefrieren lässt:

Schrecklicher Alptraum –  Menschen -  nur ihre Torsi, denen Arme und Beine abgetrennt wurden – liegen hilflos verblutend im Wüstensand, ein elender Tod – fast im Sekundentakt sterben drei und die Welt schaut zu. Totentanz!


Während ich dies schreibe sind im Laufe des Jahres 200 Millionen Lebewesen gestorben und die Grausamkeiten finden kein Ende! Es ist, als würden täglich immer mehr Menschen ihrer Arme und Beine beraubt, weil ganzen Völkern suggeriert wurde, diese Extremitäten wären schmackhaft und würden zu Heilzwecken oder als Potenzmittel dienen.

 
Du Mensch, findest das grotesk und widerlich?  - Und doch verursachen wir solche Greuel. Es geschieht tagtäglich an unseren ältesten Mitgeschöpfen in den Meeren, den Haien, die seit 400 Millionen Jahren die Meere bewohnen und damit - älter als die Dinosaurier - deren Lebenszeit in der Erdgeschichte weit überlebten.
 
 
                                                        Riffhai (Wikipedia gemeinfrei)   
 
Während ich dies schreibe erkenne ich mit Erschrecken wie wenig wir eigentlich über Haie wissen. Die Mär vom mordenden bestialischen weißen Hai, der blutrünstig und gierig nach Menschenfleisch die Meere durchstreift, geistert immer noch durch die Köpfe, festgesetzt auch durch reißerische Filme wie jener durch sensationslüsterne Effekthascherei geschwängerte  „Der weiße Hai“.
Natürlich sind Haie wilde Tiere, ebenso wie Wildschweine, Löwen und Tiger. Während aber die Felle von Löwen und Tigern Wärme suggerieren, ist  uns der Hai fremd geblieben, sein mit Zähnen bewehrtes Maul flößt Angst und Schrecken ein, seinen Lebensraum teilen wir nicht.
 Während ich dies schreibe überlege ich wie das Wesen, der Knorpelfisch Hai, wirklich lebt, wie es evtl.seine Kindern in die Kunst des Lebens und Überlebens einführt.  500 verschiedene Arten dieser Meeresspecies gibt es, von denen die meisten von Plankton leben, manche auch von kleinen Fischen und einige, wie der weiße Hai, auch von Robben, da er als Warmblütler fähig ist, diese Tiere zu bejagen.
 Während ich dies schreibe bedenke ich die Tatsache, dass Haie erst mit 30 Jahren zur Geschlechtsreife gelangen und nur alle zwei bis drei Jahre Junge gebären oder manche Arten auch Eier in einer dicken Hülle in Seetang oder Felsspalten ablegen, zum Schutz vor Raubfischen. Die Embryos ernähren sich vom Dottersack, nach dem Schlüpfen sind die jungen Haie auf sich allein gestellt.
 
                          Haifischeier - kurz vor dem Schlüpfen (Wikipedia c) Dirk Hoffmann)
 

Während ich dies schreibe erstaunt mich die Information, dass Haie keine Schwimmblase besitzen, ihr Auftrieb nur mit Hilfe ihrer stark ölhaltige Leber erfolgt und sie aus diesem Grund ständig in Bewegung bleiben müssen. Es erstaunt mich, dass die Natur auch Ruhehöhlen in den Meeren für Haie bereit hält, die durch besondere Wasserverhältnisse
den Haien ermöglicht, ohne ständige Bewegung zwar nicht zu schlafen, aber zur Ruhe zu kommen.
 
Während ich dies schreibe überlege ich, wie wenig wir, die wir die Arten retten wollen, die wir das Töten selbst als widerwärtig empfinden und zum Schutz der Haie eintreten, über diese äußerst interessante Spezies wissen. Aber wie viel weniger wissen die Helfershelfer der mörderischen Fischerei-Industrie, das bestätigten Taucher, die sich mit chinesischen Helfern  in den Haiwelten bewegten
 
 
                                       Walhai, die größte Haiart (c) Wikipedia . gemeinfrei
 
 
Wissen ist Macht, Information und Aufklärung ihr wichtigster Bestandteil
 
Überprüfen wir unsere eigenen Vorurteile auf ihre Richtigkeit:
 
Haie gibt es zu viele -  falsch
Im Gegenteil viele Arten sind schon fast ausgestorben, wie z.B. die Dorn- und Zitronenhaie, die stark im europäischen, aber auch besonders  im amerikanischen Raum als bevorzugter Leckerbissen, wie der „Schillerlocke“ auf dem Speisezettel stehen. Andere Arten werden demnächst  aus den Meeren für immer verschwinden.  Die sog.“ Beifänge“, bedingt durch die im großen Stil meeresplündernden industriellen  Abfischungen, haben in den letzten Jahren den Bestand der großen Meerestiere aufs Äußerste dezimiert.  Neuere Forschungen der Universität Halifax haben ergeben, dass etwa 80 % der Hochseehaiarten bereits ausgestorben sind. 
 
Haie sind dumm -  falsch
Die hochspezialisierten Haie – mit 7 Sinnen ausgestattet –  zeigen sich als äußerst sensible, schlaue Tiere, die z.B. besser sehen als Katzen und über einen besseren Geschmackssinn verfügen als Menschen und sogar sich durch Gesten untereinander bemerkbar machen können, also ein soziales Verhalten zeigen.
 
Haie sind böse aggressive, Menschenfresser - falsch
Man kann von durchschnittlich weltweit 12 Haiunfällen im Jahr ausgehen, ebenso viele wie bei Unfällen mit Elefanten. In dieser Zeitspanne sterben weit mehr Menschen durch einen Blitzschlag; denn Menschen stehen nicht auf dem „Speiseplan“ des Hais.
 
Haie sind  Fressmaschinen - falsch             
Haie fressen oft viel weniger, als andere Tiere und nur so viel wie sie zu ihrer Ernährung brauchen. Bei manchen Arten ist  der Organismus ist so eingerichtet, dass sie Futter auf Vorrat einlagern können, andere wiederum können sechs bis sieben Tage ohne Nahrung leben.                         
                         
Haie sind unwichtig - falsch
Sterben die Haie, sterben allmählich die Meere. Das Meer durchfließt die Haie, sie sind die wichtigsten Meeresfilter . Ein Korallenriff ohne Haie erlischt innerhalb eines Jahres.
 
Es würde dicke Bücher füllen,  um mit allen menschlichen Vorurteilen, insbesondere jenen, die seit dem 19. Jahrhundert entstanden sind, aufzuräumen.
 
Was mich entsetzt:
 
Haifischflossen-Handel
Als Hauptakteure im Handel mit Haiflossen erweisen sich die EU-Staaten,  in vorderster Front Spanien und Portugal, sie  sind damit hauptverantwortlich für das Hai-Desaster, denn 54 % des Geschäftes mit Haiflossen werden in der EU getätigt, die dadurch den 80 %igen Rückgang der entsprechenden Haiarten zu verantworten hat.
 
Sportfischerei, Hai-Jagd
Schätzungen sprechen davon, dass alleine vor der Ostküste der USA 2,5 Millionen Haie von sog. Sportanglern gefangen werden. Es gilt dabei als höchste „Disziplin“ einen Tiger- oder Blauhai zu besiegen, ein Ritual, das sich auf folgende Weise abspielt:
Entweder werden die Haie so lange am Haken mit dem Boot mitgezogen oder mit einer scharfen Harpune solange traktiert, bis sie verenden. Ein weiteres Freizeitvergnügen der gelangweilten „reichen und schönen“ Sporttaucher ist sehr beliebt, nämlich kleine Haie mit einer Harpune zu töten. Verbote dieser grausamen Sportfischerei werden umgangen, indem diese lebenverachtenden Angler und Taucher in andere Gegenden abwandern, die dieses mörderische Vergnügen erlauben. Als Gipfel dieser Unterwasser-Jagden werden die Haizähne oft nach gelungenem „Kampf“ als Trophäe um den Hals getragen.
 
Das einzig Erfreuliche:
Seit 2012 hat die EU das Abtrennen der Haiflossen – also das Finning – auf offener See verboten, die ganzen, ungeteilten toten Körper müssen in den Häfen angelandet werden. Diese Maßnahme verhindert zwar nicht endgültig das Haifinning, aber eine Kontrolle über die Anzahl der getöteten Haie und die Fangzahlen  ist auf diese Weise  möglich.
  
Resümee:
Wir sind verpflichtet, uns mehr über diese interessante Spezies zu informieren, denn sie sind wesentlich älter als wir, ihre Evolution begann vor 400 Millionen Jahren, die des Menschen vor lächerlichen knappen  7 Millionen.
Sie filterten die Meere, sorgten schon für deren Gleichgewicht im empfindlichen Ökosystem bevor die Menschheit den blauen Planeten bevölkerte und ihn zu zerstören begann. Mehr Wissen ist angesagt: Treten wir Ignoranz und Arroganz entgegen, klären wir auf, und zeigen wir unserer MIT-Welt - auch China -  wie unwirksam z.B. die traditionelle chinesische Medizin ist, dass für den Placebo-Effekt des „Hai-Knorpel-Pulvers“  auch ein Glas klaren Wassers genügt. Zeigen wir, dass es für Menschen ethisch nicht vertretbar ist, diese wichtigen Meeresbewohner nur für einen Teller verkochter, quecksilberbelasteter Knorpelmasse zu massakrieren.  
Ausrottung der Haie – Zerstörung der Meere – Tod der Menschheit.
  
Der Hai  – ein schutzbedürftiges Mitgeschöpf.
Der Mensch – der fressgierigste Räuber des Planeten, geistig nur ein kleiner Fisch.
 


 
 
 
 Elke Gelzleichter April 2014

 
 

 
 


 
 
 
 
 
 

 
 

Donnerstag, 10. April 2014

Vegetarisch glücklich - selig vegan

 




Aus "Chefkoch" Foto c) Schrat

Kleine Abhandlung über die Geschichte der fleischlosen Ernährung

Ein gestandener Mann braucht ein Stück Fleisch auf dem Teller!“ „Fleisch ist ein Stück Lebenskraft!“
Wer kennt sie nicht, diese losen Sprüche, schnell und bedenkenlos dahin gesagt, Floskeln, gespickt mit z.T. gefährlichen Irrtümern und ohne Wahrheitsgehalt; denn sie implizieren die Behauptung, dass der Tod von Tieren menschliches Leben und Gesundheit fördert.
Mittlerweile sieht auch die Wissenschaft nicht mehr in der fleischlosen Kost eine exotische Ernährungsvariante einiger irregeleiteter menschlicher Spezies oder gar eine „psychische Erkrankung junger Frauen“, wie das angebliche Ergebnis einer Auftragstudie (wahrscheinlich der Fleischindustrie) zu vermelden wusste, sondern eine ernst zu nehmende, wichtige, der Gesundheit dienende Entscheidung von Menschen, die sich ihrer Verantwortung für die Mitwelt bewusst geworden sind.
Dabei ist Vegetarismus keine Erfindung der Neuzeit, schon in der vorchristlichen Antike in Europa (unabhängig davon auch in Indien) wurde der Vegetarismus als „Enthaltung vom Beseelten“ bezeichnet, Mythen erzählen von einem märchenhaften Volk, den Lotophagen, die als Nahrung ausschließlich die süße Frucht der Zauberpflanze Lotos genossen hätten wie Herodot behauptete, aber kein geringerer als Homer berichtete zuerst von diesem friedfertigen Naturvolk. Auch Diodor beschreibt „Holz-, Samen- und Wurzelesser“ in Äthiopien. Neben der positiven Bewertung der fleischlos lebenden Völker, die als friedfertig, gerecht und fromm beschrieben werden, berichten sowohl Hesiod (Werke und Tage), Platon (Staatsmann), Ovid (Metamorphosen) in ihren Werken über ein sagenhaftes „Goldenes Zeitalter“, in dem die Erde noch alles an Nahrung selbst hervorbrachte ohne Zutun des Menschen, der sich ausnahmslos fleischlos beköstigte. Ab dem 6. vorchristlichen Jahrhundert wird Vegetarismus als historisches Phänomen bezeugt. Die religiöse Bewegung der Orphiker und die Anhänger des Pythagoras lehnten Eier und die damals allgemein üblichen rituellen Tieropfer ab; ihre Seelenwanderungslehre führte zu einer höheren Wertschätzung des Lebens der Tiere, Emphedokles gar trat im 5. Jahrhundert v. u. Z. als radikaler Vertreter des Vegetarismus und für die Verschonung aller Tiere hervor, zudem schrieben die antiken Vegetarier der Fleischnahrung nachteilige Auswirkungen auf asketische und philosophische Bestrebungen zu, in ihrer ethisch-religiösen Motivation verwarfen sie Tieropfer und betonten die Gemeinsamkeit zwischen Tieren und Menschen. Die Frage nach den ethischen Pflichten gegenüber den Tieren wurde damals wie heute kontrovers diskutiert. Die Philosophenschule der Platoniker zeichnete sich durch einen hohen Anteil an Vegetariern und Tierfreunden aus, während sich in anderen Schulen, wie die der Epikureer, der Stoiker und Peripatetiker kaum oder gar keine fleischlos lebenden Schüler befanden. In ihrem extrem anspruchslos Leben verzichteten die Kyniker auf Fleisch, aber ohne diese Einstellung zum Prinzip zu erklären. Zu erwähnen wären noch die Manichäer, deren innerer Kreis (ähnlich wie bei den späteren christlichen Katharern des beginnenden zweiten Jahrtausends) die Electi („die Auserwählten“), nicht töteten, ganz auf Fleisch, grundsätzlich auf Eier verzichteten, während für den breiteren äußeren Kreis der Gemeinschaft die Ernährungsvorschriften nicht ganz so streng gehandhabt wurden.
Bei der Behandlung von Christentum und seine Stellung zum Vegetarismus stellt sich die Frage der Fragen: War jener Mann namens Jesus, der schon seit über 2000 Jahren die Gemüter der Menschen des ganzen Erdballs beschäftigt, war jener Jeshua mit den Ehrennamen Christus – Erlöser/Erretter, mit denen ihn seine einstigen Zeitgenossen bedachten, Vegetarier? Viele „moderne“ Christen bezweifeln bzw. bestreiten diesen Umstand, aber es gibt noch alte Schriften, die nicht verloren gegangen sind und eindeutig den Vegetarismus der Jünger Jesu, der Apostel, belegen und damit auch den Vegetarismus des Wanderpredigers, der im weißen Bräutigamskittel das damalige Palästina durchzog und seine Lehre von Liebe und Frieden predigte. Die Frage erklärt sich fast von selbst zieht man die Residuen der alten außerkanonischen Texte zu Rate wie z.B. die der „Pseudoklementinen“, die von Petrus selbst stammen sollen. Hier ist eindeutig in Predigt XII zu lesen: „Das widernatürliche Essen von Fleisch ist ebenso vergiftend wie die heidnische Anbetung von Teufeln mit ihren Opferungen und unreinen Festen. Durch Teilnahme wird der Mensch zum Tischgenossen von Teufeln“. Und was sagt der Apostel zur eigenen Ernährung? „Ich lebe von Brot und Oliven, denen ich nur selten ein Gemüse zufüge.“ Weiterhin beschreibt Clemens von Alexandria (*150 in Athen, + 215 Kappadokien) in seinem Werk Padaigogòs („der Erzieher“), dass der Evangelist Matthäus hauptsächlich von Pflanzenspeisen gelebt und nie Fleisch berührt habe (Padaig. II,1). Ein weiterer früher Kirchenvater, der Bischof Eusebius von Caesarea (264–349), zitierte in seiner Kirchengeschichte (II,2,3) einen der frühesten Kirchenschriftsteller Hegesippus (*100, +180 in Jerusalem), nach dessen Niederschrift der Apostel Johannes niemals Fleischkost genossen habe. In der gleichen Quelle wird Jakobus der Jüngere (nach Hegesippus ein Vetter Jesu, Sohn des Klopas/Alphäus eines Bruders des Joseph, oft auch mit dem Beinamen der Gerechte betitelt), als heilig von Mutterleib an beschrieben, der keinen berauschenden Getränken zusprach, und nichts verzehrte, was beseelt war (II,23,5.6). Dass dieser erste Führer der jüdisch-christlichen Gemeinde Jerusalems, zweifelsohne ein sehr naher Verwandter des Jesus von Nazareth, nach heutigen Begriffen vegetarisch lebte, kann als eindeutiger Beweis für eine gleichfalls fleischlose vegetarische Ernährung des Jesus von Nazareth gewertet werden, dabei ist es vollkommen belanglos, ob Jesus der Essaier-Gemeinschaft angehörte oder nicht. Sein „letztes Abendmahl“, bei dem sich offenbar kein Fleisch auf der Seder-Platte befand; denn er verteilte Brot und Wein mit den bekannten Einsetzungsworten unter die Jünger, spricht ebenfalls für einen vegetarischen Jesus.
Drei weitere nachchristliche wichtige Zeugen des vegetarischen Lebens der frühen Christen sollen nun sozusagen als Zeugen benannt werden, bevor auf die gewaltsame Veränderung des vegetarischen Christentums in die heutige Form der fleischverzehrenden christlichen Kirche eingegangen werden soll. Ein weiterer der ältesten „lateinischen“ Kirchenväter bzw. -stifter Tertullian (160-222) teilt um etwa 200 die jungen christlichen Gemeinden sogar in zwei Gruppen: In die „wahren“, fleischlos lebenden Christen und in die „Leiber ohne Seelen“, die ähnlich wie Paulus, Fleisch und Alkohol nicht abgeneigt waren (obwohl Paulus selbst – wie im Toledot Jeshu überliefert – davon berichtete, dass Jesus (posthum) ihm angeordnet habe, dass er enthaltsam, ohne Alkohol und Fleischverzehr, leben müsse, bevor er in Kontakt mit ihm treten könne).
Wenn wir den kenntnisreichsten „lateinischen“ Kirchenstifter, den wir in Hieronymus von Stridon finden, dem Schöpfer der „Vulgata“, sprechen lassen wollen, so erfahren wir von ihm, dass er sich gegen die Anordnungen des Papstes Damasus I. auflehnte, der von ihm eine Übersetzung der gesamten Texte der Bibel fordert. Die Begründung des Heiligen, dass er zwar die alten Sprachen verstehe, da sich aber die Sprache verändert habe, er nicht wisse, was die „Alten“ gemeint haben, ob er es richtig interpretieren würde und gezwungen sei, sozusagen eine völlig neue Bibel zu schaffen, ließ der Papst nicht gelten. So war Hieronymus zwar das große Werk gelungen, aber es bestehen Zweifel darüber, wieviele der alten Texte dem Geheiß des Damasus zum Opfer fielen. Jedenfalls wusste Hieronymus von der fleischlosen Ernährung der frühen Christen und des engsten Kreises um Jesus und sprach z.B. von „cibi innocentes“, den unschuldigen Speisen, die ohne Blutvergießen gewonnen werden. Deutlicher erfährt man sein Wissen durch die Sätze: „ Der Genuss von Tierfleisch war bis zur Sintflut verboten; seit der Sintflut aber gibt man uns die Nerven/Fasern und den stinkenden Saft des Fleisches unter die Zähne, gleich wie man dem murrenden Volk in der Wüste Wachteln vorwarf. Jesus Christus, der am Ende der Tage gekommen ist, hat das Ende an den Anfang (Genesis 1, 29-30) zurückgeführt, so dass es uns heute nicht mehr gestattet ist, Fleisch zu essen“ (Lib. I, Adversus Jovinian). „Der Leib, der mit Fleischspeisen beschwert wird, wird von Krankheiten heimgesucht; eine mäßige Lebensweise macht ihn gesünder und stärker und schneidet dem Übel die Wurzel ab: Die Dünste der Fleischspeisen des Geistes“. Diese Aussage könnte evtl. von einem Wissenschaftler der Neuzeit stammen, ist aber die Erkenntnis des Hl. Basileus, eines der frühen Kirchenlehrer, der von 330-379 lebte.
Die Rolle Konstantin des Großen, des Heliosverehrers, der sich aller Wahrscheinlichkeit nach – wenn überhaupt - erst auf dem Totenbett zum Christentum bekehrte, sich selbst als „Sol invictus“ betrachtete (im Grunde in Konkurrenz zu Jesus) und sich deshalb auch als „Bischof der inneren Ordnung“ auf dem Konzil zu Nicäa 325 verstand, ist nicht zu unterschätzen und von tief greifender Entscheidung. In dieser Position griff er in den „Arianischen Streit“ ein, entschied nach seinem eigenen Geschmack und Dafürhalten, welche Evangelien in den biblischen Kanon eingebunden werden sollten und begann eine verheerende Verfolgung der christlichen Vegetarier, denen oftmals zur Strafe der Hals mit Blei ausgegossen wurde. In der Folge lebten Vegetarier gefährlich, Die kirchliche Hybris erreichte ihren Höhepunkt im Bannfluch des Papstes Johannes III, (561-574) der auf der 1. Synode von Braga (Portugal) Vegetarier mit einem Anathem belegte:“Wenn jemand Fleischspeisen, die Gott den Menschen zum Genuss gegeben hat, für unrein hält …. und auf sie verzichtet ….sei er mit einem Bannfluch belegt“. Vegetarisch lebende Christen mussten fortan um ihr Leben fürchten, sie wurden bekämpft und ausgelöscht, das gravierendste Beispiel die vegetarischen, urdemokratisch lebenden Katharer, einer christlichen Bewegung hauptsächlich im Süden Frankreichs zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert. Nach etwa einjähriger Belagerung der Katharer-Burg Montségur von 1243 bis zum Frühjahr 1244, mussten die Besatzung der Burg aufgeben, 225 Katharer, die nicht ihrem Glauben abschwören wollten, wurden lebendigen Leibes verbrannt.
Konstatin der Große - Kolossalstatue c) Wikipedia Röm. Museen

 


 
Von dem kleinen Heiligen, Franziskus von Assisi, wird zwar immer wieder behauptet, dass er nicht fleischlos gelebt habe, doch diese Behauptung kann den überlieferten Tatsachen nicht standhalten: Seine eigenen Aussagen und viele Erzählungen um und über Franziskus beweisen das Gegenteil, darunter auch die rührende Geschichte, dass er einmal einer Fischhändlerin zwei Fische abkaufte, um „Schwester Schleie“ wieder in ihr ursprüngliches Element freizulassen.
Es dauerte nun bis zur frühen Neuzeit, bis wieder prominente Persönlichkeiten für einen ethisch motivierten Vegetarismus eintraten, Namen wie Leonardo da Vinci und Pierre Gassendi im 15. und 16. Jahrhundert sind hier hervorzuheben, der Engländer Thomas Tyron im 17. Jahrhundert. Ab Beginn des 18. Jahrhunderts breitete sich die Idee des Fleischverzichts in der Ernährung besonders im angelsächsischen Raum aus, die schließlich in die Gründung des ersten Vegetariervereins in London im Jahre 1801 mündete, dem bald ähnliche Gruppierungen in anderen Städten folgten. Im 19. Jahrhundert zeigte sich als prominentester Wortführer des ethisch motivierten Vegetarismus der Dichter Shelley. Als sehr prominenter Repräsentant in der englischen Öffentlichkeit erwies sich ebenfalls George Bernhard Shaw, in Russland machte sich Lew Nikolajewitsch Tolstoi für die fleischlose Ernährungsweise stark. In Deutschland gilt Gustav Struve als Begründer des Vegetarismus, der 1868 für Stuttgart und Umgebung den ersten vegetarischen Verein gründete, der heute noch besteht. In der Vielzahl von Gruppen, Vereinen und Initiativen, die sich nun bildeten kristallisierten sich immer stärker die Aspekte des Tierschutzes heraus, eine sog. „Veredelung“ des Menschen durch Fleischverzicht wurde für möglich gehalten, der prominenteste Vertreter dieser Strömung zeigte sich in Richard Wagner, der die allgemeine Abkehr vom Fleischverzehr und von den Tierversuchen forderte. 1946 wurde die Vegetarier-Union Deutschlands gegründet, ab 1985 unter dem Namen Vegetarier-Bund Deutschlands bekannt, 2008 umbenannt in Vegetarierbund Deutschland.
Durch den Einfluss des Doktors von Lambarene, des Pfarrers, Musikers und Arztes Dr. Albert Schweitzer, der sich seit seiner Jugend sehr intensiv mit der tödlichen Gewalt gegen Tiere auseinander setzte, erfuhr die Behandlung dieser ethischen Problematik immer mehr Beachtung, das von Albert Schweitzer entwickelte Prinzip der „Ehrfurcht vor dem Leben“ spielt gerade auch in heutiger Zeit eine immer größere Rolle bei der Ausbildung des ethischen Bewusstseins, ebenso wie Gandhi, einem weltweit bekannten Vertreter der Gewaltlosigkeit und Befürworter des Vegetarismus.
Eine ganz andere Qualität, ja eine Zäsur, erfuhren Tierschutz- und Vegetarismusbewegungen 1975 mit dem Erscheinen des Buches „Animal Liberation“ von Peter Singer mit der Argumentation, dass es keine moralische Rechtfertigung gäbe, die das Leid eines Wesens, gleich welcher Natur es sei, nicht in Betracht zu ziehen. Spezielle „nichtmenschliche Tiere“ (zum Beispiel sog. „Nutzvieh“) vom Gleichheitsprinzip auszuschließen, wäre ebenso willkürlich wie Menschen anderer Hautfarbe, Religion oder wegen Geschlechtes davon auszunehmen. Helmut F. Kaplan, ein Mitbegründer der Tierschutzpartei, betont die wichtige strategische Position des Vegetarismus zur Förderung des Veganismus („wer Veganer will, muss den Vegetarismus fördern“), der, über die fleischlose Ernährung hinaus, auf alle tierischen Produkte, auch von lebenden Tieren, verzichtet.
Die gute Nachricht: Schätzungen zufolge erfährt die vegetarisch/vegane Bewegung weltweit einen täglichen Zuwachs von 4000 Menschen, das bedeutet täglich 4000 Schritte in die richtige Richtung auf einen guten Weg zur gemeinsamen leidfreien Zukunft von Menschen und Tieren, Zeiten, die schon in den uralten Texten der Bibel prophezeit wurden, in denen der Löwe Stroh frisst und ein Kind ihn hüten kann, so wie es schon zu allen Zeiten viele „großen Geister“ der Menschheit ausdrückten, wie z.B.:

Pythagoras:
Reichtum spendet die Erde,
verschwenderisch friedsame Nahrung,
und sie gewährt euch Gerichte,
die frei sind vom Mord und vom Blute“.

Leonardo da Vinci
Ich habe schon in jüngsten Jahren
dem Essen von Fleisch abgeschworen,
und die Zeit wird kommen, da die Menschen -
wie ich – die Tiermörder mit gleichen Augen
betrachten werden, wie die Menschenmörder“.

Ferdinand August Bebel – Mitbegründer der SPD
Offenbar tritt in dem Maße wie die
Kultur sich hebt, an die Stelle der
Fleischkost die Pflanzenkost.“
  

Text c) Elke Gelzleichter 2013
 
 
 Patrik Baboumian, "Strong Man"    2013 Veganer
 
n.b.:Wussten Sie, dass Vegetarier/Veganer mehr für Klima- und Umweltschutz tun als noch so hoch motivierte Fleischesser, die Produktion eines Kilogamm Rindfleisches erfordert 9000 bis 20000 Liter Wasser, die von Gemüse und Getreide gleichen Gewichtes im Schnitt etwa 1500 Liter.
Wussten Sie, dass Vegetarier/Veganer eine höhere Lebenserwartung haben als Fleischesser (im Durchschnitt eine etwa 15 Jahre längere Lebenszeit).
Wussten Sie, dass die Ursächlichkeit der sog. Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Gicht, dementielle Syndrome und Krebs von vielen Wissenschaftlern auf den extremen Fleischverzehr in der heutigen Gesellschaft zurückgeführt wird?