Gedanken zum Vegetarismus der frühen Christen
Der tägliche Verstoß gegen das 5. Gebot.
Vier entscheidende Worte – ohne ausufernde Erklärungen, zweifelsfrei die Bedeutung:
Du sollst nicht töten!
Vier Worte, Grundelemente zum Schutz des Lebens an sich. Es wird nicht unterschieden zwischen den Geschöpfen, Tiere werden nicht ausgenommen von dem Tötungsverbot bzw. ihr täglicher Tod erlaubt!
Doch sie fließen, die Ströme von Blut, Tag für Tag - nicht nur auf den menschlichen Schlachtfeldern, sondern um viele Millionen Male mehr in den Schlachthäusern der Erde, wo auch immer sie sein mögen.
Tägliche millionenfache Blutopfer, gleich archaischen Ritualen für den unersättlichen Moloch Mensch, täglich zerrissenes Fleisch millionenfach zerstörten Lebens der unschuldigsten, harmlosesten, lautersten Wesen, die man mit Fug und Recht als unsere „älteren Geschwister“ in der Evolution bezeichnen kann. Oft geschieht es im Namen jenes Gottes, der nach der Lehre der drei großen Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam das Leben geschaffen hat.
Der göttliche Funke, in jeder Variation des Lebens immer wieder Einzigartigkeit und Individualität der Geschöpfe schaffend, missachtet von dem gierigsten der Geschöpfe, das sich selbst zum Gott und Herr über Leben und Tod erhoben und jene, die ihnen zum Schutz überantwortet waren, sich selbst als blutige Speise zugedacht hat - mit dem sog.“ Segen“ der christlichen Kirchen!
Christus – Erlöser, Erretter – mit diesem Ehrennamen hatten einst die Zeitgenossen den Wanderprediger Jeshua benannt, der, bekleidet mit einem einfachen weißen Bräutigamskittel, das damalige Palästina mit seinen Lehren des Friedens und der Liebe durchzog "das Himmelreich ist nahe herbeigekommen".
(Papst Damasus I. - Wikipedia) |
Die Frage, ob jener Christus Vegetarier gewesen sei, beantwortet sich von selbst, wenn man aus den Residuen außerkanonischer Schriften der frühesten christlichen Lehrer erfährt, dass sie allesamt dem Alkohol und dem Verzehr von Fleisch abgeschworen hatten, aufgrund der Lehren und Anordnungen des Rabbi Jesus.
Wie anders sind die eindeutigen Texte der sog. „Pseudoklementinen“ zu verstehen, Worte und Erklärungen die z.B. von Petrus selbst stammen sollen?!
Clemens von Alexandria (Wikipedia) |
So ist beispielsweise in Predigt XII zu lesen: „Das widernatürliche Essen von Fleisch ist ebenso vergiftend wie die heidnische Anbetung von Teufeln mit ihren Opferungen und unreinen Festen. Durch Teilnahme wird der Mensch zum Tischgenossen von Teufeln“. Und was sagt der Apostel zur eigenen Ernährung? „Ich lebe von Brot und Oliven, denen ich nur selten ein Gemüse zufüge.“ Weiterhin beschreibt Clemens von Alexandria (*150 in Athen, + 215 Kappadokien) in seinem Werk Padaigogòs („der Erzieher“) , dass der Evangelist Matthäus hauptsächlich von Pflanzenspeisen gelebt und nie Fleisch berührt habe (Padaig. II,1).
Ein weiterer früher Kirchenvater, der Bischof Eusebius von Caesarea (264–349), zitierte in seiner Kirchengeschichte (II,2,3) einen der frühesten Kirchenschriftsteller Hegesippus (*100, +180 in Jerusalem), nach dessen Niederschrift der Apostel Johannes niemals Fleischkost genossen habe. In der gleichen Quelle wird Jakobus der Jüngere (nach Hegesippus ein Vetter Jesu, Sohn des Klopas/Alphäus eines Bruders des Joseph, oft auch mit dem Beinamen der Gerechte betitelt), als heilig von Mutterleib an beschrieben, der keinen berauschenden Getränken zusprach, und nichts verzehrte, was beseelt war (II,23,5.6). Dass dieser erste Führer der jüdisch-christlichen Gemeinde Jerusalems, zweifelsohne ein sehr naher Verwandter des Jesus von Nazareth, nach heutigen Begriffen vegetarisch lebte, kann als eindeutiger Beweis für eine gleichfalls fleischlose vegetarische Ernährung des Jesus von Nazareth gewertet werden, dabei ist es vollkommen belanglos, ob Jesus der vegetarisch lebenden Essaier-Gemeinschaft angehörte.
Drei wichtige Zeugen des vegetarischen Lebens der frühen Christen sollen nun benannt werden, bevor auf die gewaltsame Veränderung des vegetarischen Christentums in die heutige Form der fleischverzehrenden christlichen Kirche eingegangen werden soll:
Tertullian, der Hl. Hieronymus und der Hl. Basilius.
Tertullian (Wikipedia) |
Der älteste „lateinische“ Kirchenstifter Tertullian (160-222) teilte in seinen Schriften etwa um 200 die Christen sogar in zwei Gruppen – einerseits in die vegetarisch lebenden „wahren“ Christen und andererseits die Fleischverzehrer, die er sehr streng als „Leiber ohne Seelen“ bezeichnete.
Hl. Hieronymus (Gemälde v. Rubens - Wikipedia) |
Als den kenntnisreichsten der „lateinischen“ Kirchenväter könnte man den Bibelübersetzer Hieronymus von Strido/n bezeichnen, der besser bekannt ist als Hl. Hieronymus (347-419), den Schöpfer der „Vulgata“, dessen Wort von den „cibi innocentes“ den „unschuldigen Speisen“ („Speisen, die ohne Blutvergießen gewonnen werden“) noch deutlicher in folgenden Sätzen dargelegt wird: „Der Genuss von Tierfleisch war bis zur Sintflut verboten; seit der Sintflut aber gibt man uns die Nerven/Fasern und den stinkenden Saft des Fleisches unter die Zähne, gleich wie man dem murrenden Volk in der Wüste Wachteln vorwarf. Jesus Christus, der am Ende der Tage gekommen ist, hat das Ende an den Anfang (Genesis 1, 29-30) zurückgeführt, so dass es uns heute nicht mehr gestattet ist, Fleisch zu essen“ (Lib. I, Adversus Jovinian).
Last but not least die Aussage des Hl. Basilius, Kirchenlehrer und Bischof (330-379): „Der Leib, der mit Fleischspeisen beschwert wird, wird von Krankheiten heimgesucht; eine mässige Lebensweise macht ihn gesünder und stärker und schneidet dem Übel die Wurzel ab. Die Dünste der Fleischspeisen des Geistes“
Vegetarismus ein wesentlicher Bestandteil des frühen Christentums in strengster Befolgung des 5. göttlichen Gebotes !
Wie nun hat der Fleischverzehr den von Jesus, dem Christus, geforderten Fleischverzicht im christlichen Leben verdrängt?
Wesentliches dazu:
Paulus (Wikipedia) |
Zunächst Paulus, der Apostel, der Jesus niemals in seiner irdischen Wander- und Predigerschaft erlebt hatte. Er, Saulus, der Christenverfolger, ein seelisch „blinder“ Eiferer, musste durch sein Erlebnis vor Damaskus (das er selbst Offenbarung Jesu nannte) körperliche Blindheit erfahren, die zu einem neuen Sehen/Erkennen der Lehre des Christus führen sollte, in der Verwandlung zum „Volkslehrer Paulus“. Im Gegensatz zu Petrus, ließ er den Gemeindemitgliedern freie Wahl der Speisen aber im "Toledoth Jeschu", einer Sammlung altjüdischer Quellen zum Leben Jesu, wird wie folgt von ihm überliefert:“Jesus befahl mir, dass ich kein Fleisch esse und keinen Wein trinke, sondern nur Brot, Wasser und Früchte, damit ich rein befunden werde, wenn er mit mir reden will!“
Keinen Wein trinken! Wie ist dieses Enthaltungsgebot im Konsens zu der Einsetzung von Brot und Wein beim letzten Abendmahl zu verstehen? Vielleicht kann ein besonderer Hinweis des Rabbi zum besseren Verständnis dienen: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.” (Joh 15,5). So symbolisiert in diesem Zusammenhang die Darreichung von Wein in Verbindung mit Jesus, ein geheiligtes Getränk zu heiligen Handlungen. Ob sich Paulus strikt an Fleisch- und Weinverzicht gehalten hat, dazu gibt es keine Quellen. Nur die Empfehlung an Timotheus scheint möglicherweise auf eine gewissen lockeren Umgang in den Speisegeboten hinzuweisen: "Trinke nicht länger nur Wasser, sondern sondern gebrauche ein wenig Wein, um deines Magens und deines häufigen Unwohlseins willen“ (1. Timotheus 5:23)“ . Offenbar ein Gesundheitstipp, der eine strenge Alkoholenthaltung im Prinzip ausschließt!
Augustinus - Lateran (Wikipedia) |
Dass Kirchenlehrer wie Augustinus und Thomas von Aquin Tiere als unbeseelt hielten (Frauen galten übrigens bei Thomas von Aquin und Augustinus ebenfalls als unbeseelt, bei Augustinus als „minderwertig“, bei Thomas als „Missgriff der Natur“ ), kann man ohne Bedenken mit dem Wissen und der Erkenntnis der heutigen Zeit als Blasphemie bezeichnen; denn es handelt sich dabei eindeutig um einen menschlichen Tadel an der göttlichen Schöpfung, eine – "männliche“ Selbstüberhöhung!
Wie irrten sie doch die alten Kirchenlehrer,die sich in ihrem Leben nicht gerade rühmlich verhielten, wie z.B. Augustinus (den man im heutigen Sprachgebrauch in seiner vorchristlichen Zeit als „alten Hurenbock“ bezeichnen könnte).
Gerade von Jesus weiß man in dem Wenigen, was in dieser Hinsicht Vernichtung und Verfremdung entgangen ist, dass er sich immer als Verteidiger der Frauen offenbarte (Ausgießung der Narde, Jesus und die Frau am Brunnen, Jesus verteidigt die Ehebrecherin, die gesteinigt werden sollte... usw). Und zeigte er sich nicht zuerst Maria Magdalena nach seiner Auferstehung, die von Papst Gregor dem Großen zur Hure abgestempelt wurde, sie, die besondere Herzensfreundin des Logos?!
So wie er die Frauen schmähte, verurteilte Augustinus die christlichen Vegetarier und bezeichnete sie als „Greuel in den Augen Gottes“. Der Vegetarier Jesus, der Christus, ein Greuel in den Augen Gottes? Augustinus, ein Fall für die Inquisition?!
Kaiser Konstantin mit der Hagia Sophia (Wikipedia) |
Doch schlimmer noch als die geheiligten Kirchenlehrer gebärdete sich Kaiser Konstantin, der sich zwar zum Christentum bekehrte und es als Staatsreligion einführte, doch zuvor noch auf dem Konzil zu Nicäa (325) , sich als „Bischof der inneren Ordnung“ verstehend, „sortierend“ und „ordnend“ in das kirchliche Leben und die Bücher der Bibel, vor allem des Neuen Testamentes, eingriff. Die vegetaristischen Passagen wurden, neben anderen, dem Kaiser nicht genehmen Texten,weitgehend entfernt bzw. Texte aus verschiedenen Kapiteln untereinander ausgetauscht. Fleischlose Ernährung wurde verboten. Zuwider handelnden Christen wurde der Hals mit Blei ausgegossen, eine bis ins Mittelalter fortdauernde inquisitorische Bestrafung. Noch sind sie nicht hinweggenommen, die Bannflüche der Kirche gegen die ur-christlichen Vegetarier, noch sind die Massaker an den vegetarisch lebenden Templern, den extrem vegetarisch lebenden Katharern (die übrigens nur das Ur-Johannesevangelium als authentisches Evangelium anerkannten) nicht gesühnt!
Es gibt heute sogar Bestrebungen, den Bruder der Tiere, den Hl. Franziskus von Assisi, des Fleischverzehrs zu bezichtigen. Wie könnte ein Mensch, der mit den Tieren redete, sie als seine Geschwister bezeichnete, sie in kannibalistischer Absicht zum Verzehr töten? Das ist die perfideste aller Lügen!
Und ist es nicht gerade zu grotesk, dass ein Papst, der sich den Namen des Hl. Benedikt von Nursia zugelegt hat, der nach strengen Regeln und ebenfalls als Vegetarier lebte, deshalb oft Vergiftungsattacken ausgesetzt war, am liebsten Kalbsbraten verzehrt?
Wir wissen, dass der Flügelschlag eines Schmetterlings auf Hawaii einen Orkan in China auslösen kann, denn alles ist miteinander verbunden – alle Ursachen erzeugen Wirkungen, besonders die Schreie der gefolterten und gequälten Mitgeschöpfe, auch im Namen der selbst ernannten sog. „Braut Christi“, einer Braut mit blutigem Mund und blutigen Händen?!
Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes nicht missbrauchen; denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht!
Millionenfache Tode stirbt der Christus täglich in den Schlachthöfen, in den Tötungsstationen, auf den Straßen, in den Meeren, in den Wäldern, in den Laboren und Forschungsstationen der Welt...
(Caspar David Friedrich) |
Leiber ohne Seelen
(Tertullian)
Elke Gelzleichter 08/2012
Welche Einblicke in die Kirchengeschichte! Das wissen die meisten nicht, habe es selber auch nicht gewusst.
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