Freitag, 1. Juli 2011

Adam und Bruno: Die Emanzipation ist an allem schuld

»Nanu, Bruno, hast du heute dein fröhliches Gesicht nicht gefunden?«

»Das könnte man fast sagen.«

»Was ist denn nun wirklich geschehen?«

»Meine Frau und ich haben uns über den Materialismus der Kinder unterhalten.«

»Ja, Bruno, das ist wahrhaftig eine unerquickliche Angelegenheit.«

»Soweit waren wir uns auch noch einig, doch als es um die Ursachen ging, brach der Krieg aus, denn da sind wir völlig anderer Meinung. Sie will die tatsächlichen Ursachen nicht sehen.«

»Was ist denn deiner Ansicht nach die tatsächliche Ursache, dass du deine Frau damit gegen dich aufgebracht hast?«

»Ich verriet ihr, dass die Emanzipation der Frauen schuld daran ist.«

»Aber, Bruno, das ist ein harter Brocken, den du deine Frau schlucken lassen wolltest. Außerdem darfst du es auch nicht so stark verkürzen.«

»Der Zusammenhang ist aber doch vorhanden – oder etwa nicht?«

»Das reicht jedoch nicht, Bruno. Anderenfalls könnte ich auch behaupten, die Emanzipation der Männer wäre an allem schuld.«

»Das kann man aber nicht vergleichen.«

»Aber selbstverständlich kann man das vergleichen. Ich weiß zwar, was du im Grunde meinst, nämlich den Verstoß gegen eine Fundamentalregel des menschlichen Miteinander.«

»Dann weißt du mehr über das, was ich meine, als ich selbst. Was ist das für eine Fundamentalregel?«

»Eigentlich, Bruno, solltest du sie kennen, denn so neu ist sie nicht, sie ist vielmehr ein Teil der Verantwortlichkeit: Jeder ist für das, was er verändert oder verändern könnte, verantwortlich. So ist das auch hier, wie wir feststellen werden, wenn wir uns die Situation etwas genauer ansehen.«

»Jetzt bin ich aber gespannt, Adam, wie du weiter argumentieren wirst.«

»Es gab eine Zeit, da existierte noch die feste Arbeitsteilung: Der Mann sorgte für die finanzielle Grundlage der Familie, und die Frau kümmerte sich um den Haushalt und vor allem um die Kinder.«

»Vermutlich meinst du die Zeit, die in den Fünfzigerjahren oder zu Beginn der Sechzigerjahre des vorigen Jahrhunderts allmählich endete, Adam.«

»Ja, Bruno, diese Zeit meine ich.«

»Bevor die von dir gemeinte Zeit endete, waren doch auch schon einige Frauen berufstätig.«

»Das ist wohl richtig, aber es war eine Minderheit. Entweder standen sie allein, oder sie hatten eine teure Ausbildung absolviert und wollten die Früchte nicht verlieren. Das Entscheidende aber war, dass diese Frauen überwiegend keine Kinder hatten, somit auch niemanden, der plötzlich auf die gewohnte mütterliche Zuwendung verzichten musste.«

»Darin stimme ich mit dir überein. Aber dann wollten sich die Frauen plötzlich emanzipieren.«

»Du sagst es so, Bruno, als wäre die Emanzipation der Frauen etwas Schlechtes, doch das ist sie nicht.«

»Wenn darunter die Kinder leiden müssen, dann finde ich sie tatsächlich schlecht, Adam.«

»Ich muss dir leider sagen, Bruno, du verkürzt bereits wieder, denn die erste Welle berufstätiger Mütter hatte noch nichts mit Emanzipation zu tun.«

»Hatte sie nicht?«

»Nein, das hatte sie nicht.«

»Nun verrate einmal, Adam, was bewog die Mütter dann, eine Berufstätigkeit aufzunehmen, wenn es nicht der Wille war, sich zu emanzipieren?«

»Hier, lieber Bruno, bist du eigentlich am Ziel, denn hier könntest du die Mütter kritisieren, ihnen sogar Gier vorwerfen.«

»Es tut mir leid, Adam, bisher durchschaue ich das Ganze noch nicht.«

»Diese Mütter nahmen die Berufstätigkeit allein des zusätzlichen Geldes wegen auf. Eine einfache Schreibkraft erklärte mir einmal, wenn sie nicht wenigstens zwei Mal im Jahr eine große Urlaubsreise machen dürfte, dann brauchte sie doch gar nicht erst zu arbeiten.«

»Jetzt erkenne ich die Gier.«

»Vergessen wir nicht, Bruno, die ersten berufstätigen Mütter hatten tatsächlich mehr Geld zur Verfügung, doch das änderte sich sehr bald, und etwas anderes begann seinen verhängnisvollen Lauf: die materielle Einstellung der Kinder.«

»Mir scheint, Adam, jetzt nähern sich unsere Standpunkte sehr an.«

»Einerseits hast du recht, Bruno, andererseits aber auch nicht.«

»Einerseits und andererseits? Wann habe ich recht und wann nicht?«

»Du hast eindeutig nicht recht, wenn du die Emanzipation anführst, du hast jedoch recht, wenn du die berufstätigen Mütter meinst.«

»Das erklärst du doch gewiss noch.«

»Während sich die berufstätigen Mütter der ersten Welle über zusätzliche Kaufkraft freuen konnten, nagte manchmal ein schlechtes Gewissen an ihnen, und zwar wegen der Kinder. Um ihr Gewissen zu beruhigen und den Kindern einen Ersatz für die Anwesenheit der Mütter zu bieten, verwöhnten sie ihre Kinder mit Geldgeschenken, was den Kindern natürlich gefiel. Es ging sogar so weit, dass Kinder, deren Mütter nicht berufstätig waren, nach eigener Meinung darunter zu leiden hatten, denn sie mussten mit weniger Geld auskommen.«

»Da ist doch wieder der Zusammenhang zwischen der Emanzipation berufstätiger Mütter. Also doch!«

»Nein, Bruno, schau genauer hin! Noch ist das Motiv eindeutig die Gier nach mehr Geld. Je mehr Mütter allerdings die Berufstätigkeit aufnahmen, desto geringer war der Kaufkraftzuwachs. Schließlich hatten sich die Preise längst an das Plus an Kaufkraft heranbewegt und es aufgezehrt.«

»War das dann das Ende der Berufstätigkeit der Mütter?«

»Nein, Bruno. Jetzt mussten sie berufstätig sein, um die für den Unterhalt einer Familie erforderliche Kaufkraft zu erwerben. Spätestens, als jeder Mutter klar war, dass sie keine Wahl mehr hatte, spielte die Gier keine Rolle mehr, denn da zählte nur noch das Überleben der Familie.«

»Wo bleibt dann die Emanzipation der Mütter?«

»Ich fürchte, sie ist eine Erfindung der Wirtschaft, die plötzlich viele zusätzliche Arbeitskräfte brauchte, umso mehr, als sie im Endeffekt nicht mehr Kaufkraft kosteten als zuvor die Väter allein. Deren ursprüngliche Kaufkraft reichte jetzt, um beide Elternteile zu beschäftigen. Wer von den Frauen nicht mitzog, wurde als ›Heimchen am Herd‹ verunglimpft.«

»Was ist nun aber mit dem Materialismus der Kinder?«

»Den Anfang haben wir bereits erkannt, als nämlich die ersten Mütter eine Berufstätigkeit aufnahmen, und zwar, ohne von finanzieller Not gezwungen zu sein. Was dann folgt, ist reiner Bestandsschutz, den wir aus allen möglichen Bereichen kennen. Obwohl nicht mehr Geld in der Haushaltskasse landete, wollten die Kinder dennoch ›entschädigt‹ werden. Das weitete sich schließlich so aus, dass kein Kind mehr bereit war, beispielsweise ohne Bezahlung ein Kind zu hüten. Es gab einmal eine Zeit, da war es für ein Mädchen eine große Ehre, ein Baby betreuen zu dürfen. Bei irgendwelchen Ereignissen, die die Mütter verärgerten, waren die Mädchen ›ihr‹ Baby los.«

»Worin besteht nun das Hauptvergehen der berufstätigen Mütter?«

»Ich meine, Bruno, das gibt es gar nicht. Wenn der Status quo geändert wird, müssen beide Elternteile für einen Ausgleich sorgen, allerdings nicht für einen finanziellen. Inzwischen ist es jedoch so, dass die übliche Mutter nach einer kurzen Erziehungszeit arbeiten muss, ihr bleibt gar keine Wahl mehr.«

»Wenn sie gezwungen sind, zu arbeiten, dann sind sie doch gar nicht mehr für die materielle Ausrichtung der Kinder verantwortlich.«

»Nun, Bruno, enttäuschst du mich etwas, denn das eine hat doch mit dem anderen gar nichts zu tun.«

»Dann kläre mich bitte auf!«

»Wer etwas ändert oder ändern könnte, ist für die Folgen verantwortlich.«

»Was bedeutet das in der Praxis?«

»Die Eltern sollten auf jeden Fall nicht den Weg gehen, mit Geld etwas entschädigen zu wollen, stattdessen sollten sie versuchen, ihre Zeit des Zusammenseins mit den Kindern zu erhöhen, gegebenenfalls abwechselnd. Mit zunehmendem Alter der Kinder sollte die Zeit verkürzt werden. – Die Kinder sollen von der Vorstellung, aus Fehlern der Eltern Geld herausholen zu können, ferngehalten werden.«

»Ach, Adam, das hört sich gut an, aber ist es nicht fern jeder Praxis?«

»Wie nah oder fern es der Praxis ist, hängt von uns allen ab, folglich entscheiden wir, was praktikabel ist und was nicht.«

Wolf-Gero

9 Kommentare:

  1. Hallo, Wolf-Gero!

    Vehement widerspreche ich! Nicht die Gier hat mich beispielsweise bewogen, berufstätig zu sein,sondern die Möglichkeit, meinen Kindern eine bessere Bildungsgrundlage zu ermöglichen und so erging es vielen Müttern zu meiner Zeit in den Sechzigern. So konnte ich meinen Kindern beispielsweise Musik- (Klavier, Gitarre), Mal- und Ballettunterricht ermöglichen und da ich im Buchhandel tätig war, auch - außerhalb von Schulbüchern - die Bücher kaufen, die zur Weiterbildung nötig waren. Beispiel: "Mami, wir haben heute über's Wetter in der Schule gesprochen, ich hätte gern ein Buch darüber." Ein schönes Kinderbuch über das Wetter war schnell besorgt. Noch heute profitieren meine Enkel von dieser Bildungssonderration mit Zeugnisnotendurchschitt bei den Buben von 1 und dem Mädchen von 2.
    Die Emanzipation der Frau war dringend notwendig, da die Männer sich zum größten Teil aus der Verantwortung stahlen. Wie arm waren die Frauen vor der Gleichberechtigung dran! Sie waren auf Gedeih und Verderb den Männern ausgeliefert, die sie oft durch ihre Verantwortungslosigkeit in tiefe Armut stürzten. Das Wahlrecht erhielten wir erst in den Sechzigern. Und wieso soll eine Frau nur für Kinder, Küche, Kirche verantwortlich sein? Es gibt genug arbeitslose Männer, die aber den Frauen nicht unter die Arme greifen, sondern lieber das Bierglas stemmen, die Frau arbeiten und zusätzlich sich noch um die Familie kümmern lassen, das ist eindeutig zu viel für einen einzelnen Menschen und das ist der Grund für das Dilemma. Die Kaufkraft wurde meiner Meinung nach gestärkt und deshalb gab es auch das sog. "Wirtschaftswunder". Der Materialismus kam durch die massive Werbung in Funk und Fernsehen in die Welt, so dass die Kinder glaubten, sie müssten das alles haben, was dort in der Werbung zu sehen war. Ich habe dagegen gesteuert, indem ich diese Wünsche nicht erfüllt habe - so wie viele andere auch. Wenn es eine "Schuld" geben sollte, dann wohl bei beiden Eltern, wenn sie sich nicht ausreichend um ihre Kinder kümmerten; denn auch die Männer profitierten von der Berufstätigkeit der Frau, kauften tolle Autos u.s.w., aber sie fühlten sich für die Erziehung der Kinder in den seltensten Fällen in die Pflicht genommen.

    Aber danke für diese Seite, die man durchaus kontrovers sehen kann.

    Viele liebe Grüße
    Pünktchen

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  2. Liebes Pünktchen!

    Danke für Deinen engagierten Kommentar!

    Die Mütter, die eine Berufstätigkeit aufnahmen, um ihren Kindern bessere Bildungsgrundlagen zu ermöglichen, weil das bisherige Familieneinkommen dafür nicht reichte, würde ich mit den Frauen, die nur zusätzlichen Luxus wollten, nie auf eine Stufe stellen.

    Dass die Emanzipation der Frauen kommen musste, kann und will ich nicht bestreiten. Allerdings wundere ich mich etwas über das Wahlrecht für Frauen, das Deiner Meinung nach erst in den Sechzigerjahren eingeführt wurde. Meines Wissens nach kam das Frauenwahlrecht nach dem Ersten Weltkrieg, also 1918.

    Ich glaube, über das äußerst familienunfreundliche Verhalten mancher Männer gibt es keine zwei Meinungen. Ich vermute, dass einige aus Bequemlichkeit übersehen, dass es nicht um zwei Ichs geht, sondern um ein Wir. Die unterschiedlichen Talente und Fertigkeiten bringen im Laufe der Jahre natürlich trotzdem eine gewisse Aufteilung mit sich. Er ist vielleicht für handwerkliche Tätigkeiten und Buchführung besser geeignet, sie möglicherweise kocht besser, hat ein besseres Sprachvermögen, ist somit geeigneter für die Sprecherziehung der Kinder. Diese Aufteilungen, die sich aus praktischen Erwägungen ergeben, bewirken keine Priorität unter den Partnern. Wer arbeitslos ist, folglich mehr Freizeit hat, packt zu Hause mehr an, als es während der Zeit seiner Berufstätigkeit war – auch das sehe ich als selbstverständlich an. Wie schaffen wir unsere Aufgaben am besten, ohne dass einer zu viel und der andere zu wenig beiträgt.

    Viele liebe Grüße
    Wolf-Gero

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  3. Sorry, lieber Wolf-Gero,
    natürlich sind die Frauen schon seit 1919 wahlberechtigt, aber erst seit 1958 gleichberechtigt, sie mussten jedoch bis 1977 warten, um ohne Einverständnis des Mannes arbeiten zu dürfen.
    Aber, lieber Wolf-Gero, das Gespräch zwischen Bruno und Adam suggeriert die vermeintlich "heile Welt" des Mittelstandes des 19. Jahrhunderts. Frauen mussten immer schon mitarbeiten, im 19. Jahrhundert sogar die Kinder, oft 12 Stunden lang. Und auch die Bauersfrauen mussten mithelfen, oft das Jüngste auf den Rücken gebunden, da blieb keine Zeit, für ein behütetes Elternhaus oder Kindererziehung. Die wurden durch das harte Leben von ganz allein "erzogen". Das Schicksal der Armen war oft ein unbarmherziger Lehrer. Der Begriff "Schlüsselkind" stammt aus dieser Zeit. Man sollte auch die Frauen nicht tadeln, die um des Wohlstands Willen mitarbeiten, das ist doch ihr gutes Recht, oder? Und keinesfalls "Gier". Es gibt heute viele Kindergärten und Horte, die es Frauen ermöglichen, ihre Kinder in gute Obhut zu geben. Manche Schulen bauen ihren Stoff direkt auf dem der Kindergärten auf und verlangen bei der Einschulung schon gewisse Grundkenntnisse, die im Kindergarten erlernt werden. Das materialistische Denken der Kinder resultiert eindeutig aus dem vermehrten Aufkommen der Fernsehapparate in den Sechzigern und dem gleichzeitigen aggressiven Einstieg der Werbung (am besten noch zur "Sandmännchenzeit"), die in erster Linie die Kinder gezielt als künftige Käufer ins Visier nahm, Wünsche weckend, die oft von den Eltern erfüllt wurden - man konnte es sich leisten.
    Die Quintessenz: Natürlich ist die Gier schuld, aber nicht die der berufstätigen Mütter, sondern die Gier der produzierenden Unternehmen in gnadenlosem, wachstumsorientiertem Denken und auch dem durch die Politik propagierten Ziel einer "Freizeitgesellschaft", die schließlich nicht mehr bereit war, etwas zu leisten für das Geld, das gezahlt wurde.

    Das, lieber Wolf-Gero, ist meine Meinung zu diesem Thema.

    Alles Liebe
    Pünktchen

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  4. Liebes Pünktchen!
    Danke für Deinen Kommentar!
    Mein Beitrag sollte kein Ausflug in die Sozialgeschichte des neunzehnten Jahrhunderts sein, vielmehr sollte er mein eigenes Erleben in den Fünfzigerjahren und im folgenden Jahrzehnt wiedergeben. Nachdem die ersten Nachkriegsjahre vorbei waren und die Männer wieder Arbeitsplätze gefunden hatten, gab es in meinem weiteren Bekanntenkreis die Mütter, die vor allem für den Haushalt und die Kinder da waren. In der Zeit brauchten die Bäuerinnen auch keine harte Arbeit zu leisten, denn noch hatten sie Knechte und Mägde.
    Ein anderes Thema ist die Emanzipation. Ich mochte den Begriff bereits nicht, als er noch heiß diskutiert wurde. Mich stört daran, dass ein Teil eine bestimmte Verbesserung erreichen will, ohne zu berücksichtigen, was es für den anderen Teil bedeutet. Mein bevorzugter Begriff lautet:
    Kampf um gleiche Rechte und Pflichten, oft verkürzt zu Gleichberechtigung, was aber die Pflichten außen vor lässt.
    Alles Liebe
    Wolf-Gero

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  5. Lieber Wolf-Gero,

    Knechte und Mägde bei den Bauern? Ich spreche nicht von Großgrundbesitzern. Meine Großmutter war Bäuerin, die Knechte und Mägde waren die Söhne und Töchter, die zusätzlich auch noch arbeiten mussten, um über die Runden zu kommen. Sie hatte ein schweres Leben.Sie zog ihre 7 Kinder groß,versorgte das Vieh und bewirtschaftete dabei so gut es ging die weit auseinander liegenden Felder. Mein Großvater arbeitete als Bergmann in einer Eisenerzgrube. Er starb an einer Silikose am Hochzeitstag meiner Eltern. Das gleiche Leben führten die Bauern in meiner Kindheit in der Nachbarschaft; denn ich wuchs neben einem Bauernhof auf. Da gab es keine fremden Mägde und Knechte. Es war die Familie, die auf den Feldern arbeitete, der Vater arbeitete zusätzlich in der Fabrik. Ich weiß nicht, was da einfach gewesen sein soll: Morgens um 5.00 aufstehen, das Vieh versorgen - Rinder, Schweine und Hühner, den Kindern kurz ein Frühstück hinstellen und gucken, ob sie wenigstens gewaschen zur Schule gehen. Oft kam bei den Nachbarn das Versorgen des Haushalts zu kurz; denn es waren zwar noch 2 alte Tanten mit im Haushalt, 2 Diakonissen, die aber oft unentgeltlich im Ort zur Versorgung von Kranken unterwegs waren und deshalb oft keine Zeit fanden, sauber zu machen. Meine Großmutter dagegen hatte ihren Haushalt immer picobello. Es roch nie nach Stall, obwohl er im gleichen Haus war. Kein Wunder, dass sie mit 66 Jahren starb. Dabei möchte ich betonen, dass der Bauernhof, neben (und mit) dem ich aufgewachsen bin im Saarland lag, der meiner Großmutter im Westerwald. Das Leben des Durchschnittsbauern war also in allen Regionen gleich. Die Hauptlast lag immer auf den Schultern der Frauen. Das Leben der heutigen Bauern ist dagegen vergleichsweise leicht. Man mietet die landwirtschaftlichen Maschinen, die man zum Bewirtschaften der Felder benötigt. Das macht der Bauer locker alleine, vielleicht noch mit Sohn oder Tochter, die Frau geht arbeiten, um für feste Einnahmen zu sorgen, mit denen man planen kann. So ist das mit der Emanzipation. Frauen haben immer schon gearbeitet, die Kinder wurden trotzdem erwachsen, ohne materialistisch eingestellt zu sein - es gab ja noch kein Fernsehen. Die Werbung an der Litfaßsäule diente eher zur Erheiterung. Heute bestimmt die Werbung sozusagen den Alltag der Privatsender. Der Mensch wird mit Werbung überhäuft, das ist die Ursache der materialistischen Einstellung der heutigen Jugend (um auf das eigentliche Thema zurückzukommen).
    Alles Liebe
    Pünktchen

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  6. Liebes Pünktchen!
    Danke für Deinen Kommentar!
    Ich weiß auch nicht, warum ich nicht eher darüber gestolpert bin, aber wir sprechen über zwei verschiedene Welten. Während der Schulzeit las ich zwar, dass es in anderen Gegenden Deutschlands so kleine Höfe gab, dass sie den Eigentümer nicht mehr ernähren könnten, sodass die Bauern einer regulären Berufstätigkeit nachgehen müssten, um das Geld zum Überleben zu haben. Als Ursache für die winzigen Höfe wurde das Erbrecht angeführt. Die Höfe wurden auf alle Kinder oder Söhne aufgeteilt, sodass die Resthöfe immer kleiner wurden. Ganz anders war es in Schleswig-Holstein, zumindest in der Probstei, wo ich aufwuchs. Da wurde der Hof ungeteilt an einen einzigen Nachkommen weitergegeben, meistens war es der jüngste Sohn. Die anderen Kinder wurden mit Geld abgefunden. Das waren keine Großgrundbesitzer, es waren normale Bauern. Die Großgrundbesitzer oder Gutsbesitzer gab es natürlich auch noch, doch zum Gut wurde ein Hof erst mit einer Größe von 200 oder 300 ha, soweit ich weiß. Doch die normalen Bauern hatten tatsächlich ihre Knechte und Mägde, für die Versorgung der Rinder noch extra einen Schweizer oder Melker. Gerade nach dem Krieg waren etliche Bauern, die im Osten ihren Hof verloren hatten, von den ortsansässigen Bauern als erste Knechte angestellt worden, so eine Art von Vorarbeiter.
    Alles Liebe
    Wolf-Gero

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  7. Hallo Wolf Gero, Emanzipation ist ein Entwicklungsweg für beide Geschlechter. Die Rollenverteilung hat sich verändert im Laufe der Geschichte und wird sich weiter verändern.Heute gibt es viele Hausmänner, weil die Frau das Geld heranschafft, das ist okay, Jeder so wie er kann. Emanzipation heißt auch mehr Unabhängigkeit für beide Geschlechter vor allem finanziell voneinander. Wie das gelebt wird, hängt vom Bildungsgrad und von der jeweiligen Kreativität ab. Das früher gängige Familienmodell ist heute nicht mehr in allen Schichten auffindbar. Auch waren zu anderen Zeiten vor allem religiöse Dogmen prägend für die Stellung der Frau in der Gesellschaft. Die vorherrschende Stellung des Mannes als Familienoberhaupt in der heutigen Gesellschaft ist ein Überbleibsel aus diesen Zeiten und befindet sich auch da bereits im Wandel, wenn auch noch nicht so umfangreich, wie es vielleicht wünschenswert wäre. Fakt ist, dass beide Elternteile für ihre Sprößlinge verantwortlich sind, wenn das immer noch überwiegend die Mutter ist, weil alleinerziehend, meist auch noch mehrfach beschäftigt durch Haushalt und Beruf,dann doch nur deshalb, weil die Emanzipation des Mannes noch nicht wirklich überall stattgefunden hat und am alten Frauenbild hartnäckig festgehalten wird.

    Alles Liebe
    Ursula

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  8. Hallo, Ursula!

    Im Grunde hast Du etliche meiner Gedanken zusammengefasst, vermutlich sogar besser, als ich es zurzeit schaffe. Insbesondere liegt mir am Herzen, dass beide Geschlechter beteiligt sind. Eigentlich läuft es darauf hinaus, dass die Aufgaben so verteilt werden, dass keiner von beiden über- oder unterfordert wird. Was außerdem noch wichtig ist: Sobald sich etwas gravierend ändert, sollte die gesamte Aufteilung überdacht und gegebenenfalls geändert werden.
    Dass es tatsächlich immer noch Männer gibt, die sich für die Herren halten, wurde mir vor gar nicht langer Zeit bestätigt, als ein Mann mir sagte: »Soweit kommt es noch! Was auf meiner Gehaltsabrechnung steht, geht meine Frau nichts an. Sie darf zwar alles essen, aber nicht alles wissen. Schließlich ist es mein Geld.«

    Alles Liebe
    Wolf-Gero

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  9. Hallo Wolf Gero, danke für Deine Antwort in welcher Du den springenden Punkt auf denselben gebracht hast. Emanzipation fängt im Kopf an und das selbstverständlich bei beiden Geschlechtern. Möglicherweise muss einer von beiden die Führung übernehmen, doch darüber müssen sich Beide auch friedlich einigen können, ohne den jeweils anderen "unterzbuttern" zu wollen. Eine solche Einigung wäre Emanzipation und Gleichberechtigung im wahrsten Sinne des Wortes. Diese Grundhaltung sollte eigentlich schon im Kindergarten vermittelt werden, doch soweit ist unsere Gesellschaft leider noch lange nicht.

    Alles Liebe
    Ursula

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